Das PFEFFERKUCHEN-HAUS (PEPPARKAKA HUS) 

oder:

Klebst Du noch – oder isst Du schon!

In der Mittagspause im Büro unterhielten wir uns darüber, wie schön doch die Weihnachtszeit in unseren Kindertagen war! Das „Kecksebacken“ mit Mutti, das gemeinsame Weihnachtsbaum-Schmücken und das heimeliche Ambiente, wenn die Wohnung sich langsam in eine Weihnachtswunderwelt verwandelte, deren Glanz- und Lichtermeer dem „Super-Mega-X-Mas-Merchedaising-Store“ in New York zur Ehre gereicht hätte. 

Zu diesem Zeitpunkt kam mir die Idee, mal wieder ein Lebkuchenhäuschen zu bauen! Ich erinnerte mich, dass ich vor gut 30 Jahren meine letzte Pfefferkuchen-Immobilie konstruiert hatte. Woher bekommt man aber nun solch einen Bausatz? Mit großer Freude und gelungener Überraschung überreichte mir meine Kollegin Jasmin am nächsten Tag ein „Pepparkaka Hus“-Kit aus dem Hause IKEA! „IKEA“ und „KAKA-HUS“ hätte mich schon stutzig machen sollen … aber dazu später mehr! Voller Tatendrang ging ich also am Morgen des 3. Advent an die Arbeit. Da ich nicht gerade ungeschickt im Bau von maßstabsgetreuen Häusern bin und meine Exponate weit über die Landesgrenzen hinweg Anklang gefunden haben, sollte es ja ein Klacks sein, diese „kindgerechte Nascherei“ zusammenzudengeln … dachte ich! Jasmin hatte übrigens vorab angedeutet, dass ihr lediglich ein Bild des „Kunstwerkes“ genügend würde … essen könnte ich es selbst! 

War das ´ne Vorahnung oder weibliche Intuition? 

Da ich ganze Flugzeugträger-Bausätze oder Lastwagen-Kits ohne Bauanleitung zusammenkleben kann, verzichtete ich erst einmal darauf, den mitgelieferten Bauplan genauer zu studieren – was sich als grob fahrlässig und als schwerer Fehler erwies! 

 

 

DER BAUSATZ: Im Packungsumfang enthalten sind: Vier Aussenwände, zwei Dachplatten und ein vierteilger Kamin! Zehn Bauteile – pah – das mache ich doch mit verbunden Augen! Als Klebstoff sollte man geschmolzen Zucker verwenden …! OK! … hier wäre der erste Kommentar meiner – bis dahin hochgeschätzen Lebensabschnitts-Partnerin – zu erwähnen: „Aber nicht in meiner guten Pfanne!“ Also nahm ich ´nen alten Topf, füllte den Boden mit „Zucker-Klebstoff“ und erwärmte das Ganze ….! Nach ein paar Minuten schmolz der Zucker zu einer blubbernden zähen Masse – genialer Klebstoff … nahm ich zumindest erst einmal an! Die jeweiligen Kanten tauchte ich in den Zucker und fügte Seite für Seite des Häuschens zusammen. Vom Modellbau her weiß man, dass ein gewisser Druck auf die beiden zusammenzufügenden Bauteile notwendig ist, um eine haltbare Verbindung zu gewährleisten … das ist bei Lebkuchen nur bedingt der Fall – was ich dadurch feststellte, da der Lebkuchen ganz schnell bricht, wenn der Druck zu groß wird! Aber auch hierfür hat der geniale Modellfreak eine Lösung: Mit Klebstoff flicken! Gesagt getan und wieder stand der Zuckerkleber auf der Herdplatte! Seltsamerweise wurde der Zucker jetzt Braun … er „karamelisierte“ wie der Fachmann sagt! Für die Wissenschaftler unter uns: „Bei einer gewissen, nicht zu unterschätzend hohen Temperatur verändern sich die Moleküle des Zuckers und ändern dabei auch die Farbe. Der Zucker nimmt eine wunderschöne bernsteinähnliche Konsistenz an – mit dem gewaltigen Unterschied, das Bernstein in der Regel kalt ist – heißer Zucker nicht!!!“ Jetzt weiß ich auch, warum in der Gebrauchsanweisung steht, das Kinder nicht ohne Aufsicht von Erwachsenen basteln sollen! Leider hatte ich das vorher „NICHT“ gelesen und mußte dieses schmerzlich erfahren! Was habe ich mir die Flossen verbrannt, als ich mit dem nackten Finger die Bruchstelle verfugen wollte ….! Man lernt halt – auch mit fast 50 – nie aus! 

Zumindest stand jetzt vor mir ein ansehnliches Haus mit beinah exakt geraden Wänden und einem, zugegeben etwas windschiefen Schornstein, aber das lassen wir mal als künstlerische Freiheit durchgehen! 

DAS VERZIEREN:

Der Plan sah vor, das Pfefferkuchen-Haus in guter alter westfälischer Fachwerk-Bauart zu verzieren. Mit vielen maßstabsgerechten Quer- und Längsbalken und ordentlich Schnee auf dem Dach … das war jedenfalls der theoretische Masterplan! Als Verzierungsmasse sieht der schwedische Hersteller mit Eiweiß verdünnten zähen Puderzucker vor, der mittels eines Spritzschlauches auf das Objekt aufgetragen werden sollte. Hier kam wieder Barbara ins Spiel, die vehement darauf hinwies, dass wir keinen „Spritzschlauch“ haben! Natürlich weiß sich auch hier der Improvisationsfachmann zu helfen und konstruierte einen Spritzschlauch aus Backpapier! Was nicht wirklich funktionierte – und mich dazu entscheiden ließ, die Pampe mit dem Löffel aufzubringen. Begonnen habe ich mit dem Schnee auf dem Dach. Großzügig verteilte ich die Puderzucker-Eiweiß-Lösung auf dem Dach, was zur Folge hatte, dass das ganze Zeugs fröhlich wieder vom Dach rutschte und auf seinem Weg nach unten, ohne Gnade, die Hauswände beschmutzte …! Grrrr! Auch eine Verdickung der Puderzucker-Eiweiß-Lösung durch Zugabe von noch mehr Puderzucker, ergab kein wirklich sinnvolles und verbessertes Ergebnis …! Diesen „Schnee-aufs-Dach“-Prozess wiederholte ich so oft, bis sich halbwegs ein einigermaßen zufriedenstellendes Endbild herauskristallisierte! Zu diesem Zeitpunkt wurde allerdings der „Fachwerk-Bauplan“ ad acta gelegt … und das ganze Projekt in diesem Stadium als beendet erklärt! 

FAZIT: Jahrelange Erfahrung im Modellbauhandwerk ist absolut hinfällig, wenn es um die Konstruktion eines IKEA-PEPPARKAKA HUS geht! Obwohl es hierbei keine Schraube gibt, die man vergessen haben könnte, ist auch der Bau dieses Naschwerkes, ohne Studium und Bäckereiausbildung nicht zu bewerkstelligen! 

Vergessen wir auch nicht die bissigen Kommentare meiner schärfsten Kritikerin, die mitleidsvoll meinte: „Du kannst halt nur Ruinen basteln!“ und die abfällige Bemerkung im Anschluss: „DIE KÜCHE RÄUM´ ICH ABER NICHT AUF!“ 

Das einzig positive ist vielleicht, dass ich nun Erfahrung habe, wie man aus dem Restzucker, äußerst filigrane Konstrukte erstellen kann! Der Zuckerrauch auf dem Kamin ist doch ein wahres Hammer-Kunstwerk, oder? 

Fröhliche Vorweihnachtszeit! 

Jo

Veröffentlicht in Werkbank.

5 Kommentare

  1. Mein lieber Herr Goetz, mit viel Bewunderung habe ich bis dahin Ihre Baubeschreibungen gelesen und immer neidvoll auf die Meisterwerke geschaut. Welche Enttäuschung nun! Der Meister bekommt das Ikea-Häuschen nicht gebacken. Mein Weihnachten ist nun dahin. Wie soll ich weiter durch’s Modellbauleben kommen. Jetzt muss ich mir einen Therapeuten suchen, vielen Dank.
    Nach diesem nicht ganz ernst gemeinten Kommentar noch viele Grüße und besinnliche Feiertage.
    H.-G. Röse

    • Lieber Herr Röse,
      vielen Dank für Ihren netten Kommentar.
      Ich sehe zu, dass ich ganz schnell wieder ein neues Häuschen zusammengebaut bekomme, damit Sie schnell wieder den Glauben an den Modellbau zurückgewinnen! :0)
      Auch Ihnen schöne Weihnachten!
      J.Goetz

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