Piratenjagd am Nil – Diorama von Marcel Ruppach

Hier mal ein Diorama das wohl in die viktorianische Zeit passt, aber nicht ganz so „steam-punkig“ ist. Zum einen sind die Modelle nicht so steamfuturistisch, es könnte Sie so wirklich gegeben haben, und es liegt hier ein gewisser realistischer Hintergrund vor. Mir ging es hier auch mehr um das Darstellen einer Wasserfläche. Ist so zusagen ein Test gewesen.

Ich verbinde ja gern reale, geschichtliche Geschehnisse mit meinen ausgedachten Steampunkmodellen. Hier habe ich mir gedacht, Piraterie gibt es schon lange und es ist ja nicht abwegig, dass es auch während des Mahdiaufstandes 1881-1898 durch Mahdisten auf dem Nil dazu kam. Allein schon um die Versorgung der anglo-ägyptischen Truppen zu stören.

Die anglo-ägyptischen Streitkräfte verfügten über diverse Flusskanonenboote, aber diese konnten ja nicht überall sein und vor allem auf Grund ihrer Größe und der verschiedenen Nilkatarakte (Stromschnellen) im Sudan nicht ohne Schwierigkeiten überall hingelangen.

Hintergrund (fiktiv): Immer wieder kommt es auf dem Nil, während des Mahdiaufstandes, zwischen Atbara und Khartum zu Überfällen auf Handels- und Versorgungsboote durch kleine, schnelle, wendige mehr oder weniger stark bewaffnete Mahdisten-Segler.

Die Mahdi-Piraten.

Um diesen entgegenzuwirken wurden kleinere Dampfbarkassen bewaffnet und mit diesen Jagd auf die Piraten gemacht.

Englische Dampfbarkasse.

Das Diorama zeigt wie eines dieser Patrouillenboote einen aufgespürten Mahdisten-Segler beschießt. Die Mahdisten versuchen durch eine Stromschnelle, durch die, die größere Dampfbarkasse ihnen nicht folgen kann, zu entkommen. Der kleine Segler der Mahdisten ist am Bug mit einer Drehbasse ausgerüstet. Diese ist ausreichend um einen unbewaffnet Handelssegler zum Beidrehen zu zwingen. Gegen den deutlich schwerer bewaffneten Dampfkutter ist sie allerdings keine Option. So suchen die drei Mahdisten ihr Heil in der Flucht.

Eines der Nilkatarakte.

Bei dem britischen Boot handelt es sich um einen, durch eine Dampfmaschine angetriebenen, umgebauten Kutter. Alle Aufbauten wurden entfernt, der Steuerstand durch Eisenplatten geschützt und am Bug ein 18-Pfünder Hinterladergeschütz montiert.

Der 18-Pfünder kurz nach dem Schoß (komplett scratch gebaut).

Die Entwicklung des Hinterladers vereinfachte den Ladevorgang. Allerdings gab es bis weit ins 19. Jahrhundert erhebliche Probleme bei der Herstellung der Verschlüsse, insbesondere mit der Gasdichtigkeit. Deshalb wurden sie eher auf nachrangigen Schiffen montiert auf denen der dadurch resultierenden Leistungsverlust nicht so ins Gewicht viel. Die Besatzung des Dampfers besteht aus einem Mustersergeant, der das Boot steuert und das Kommando führt, einem Maschinisten, 2-3 Infanteristen und der 3-köpfigen Geschützbedienung.

Für den Kutter verwendete ich als Grundlage einen, wie man sie in Souvenir-Läden an Küstenurlaubsorten oft findet. Leider ist das Angebot an brauchbaren, passenden Bausätzen, für meinen Maßstab, auf dem Markt ziemlich dürftig! Deshalb nutze ich alles, was mir geeignet erscheint. Es ist ein Resinguss. Ich entfernte durch Schleifen und Fräsen alle Decksaufbauten und angegossen Ausrüstungsteile.

Ein wichtiger Hinweis für Modellbauanfänger, bei dem so Bearbeiten von Resin immer einen Mundschutz tragen damit man den entstehenden Resinstaub nicht einatmet. Dieser ist gesundheitsschädlich!

Die Mannschaft und Details der Wasseroberfläche:

Der Steueraufbau entstand aus Plastiksheet, -Profil und einem Zahnrad als Steuerrad. Der 18-Pfünder ist ein kompletter Eigenbau aus Messingrohr und Plastikprofil, außer die Taljen, um das Geschütz nach dem Feuern wieder in Schussposition zuziehen – diese sind aus einem anderen Bausatz. Auch die Dampfmaschine ist ein kompletter Eigenbau. Ich hatte eigentlich noch eine Gatling Gun am Heck geplant, aber dies gefiel mir aus Platzgründen optisch nicht, deshalb ließ ich sie weg. Die Figuren sind aus verschieden Sätzen von Esci und HäT.

Der Mahdisten-Segler entstand im Kitbashing-Verfahren, also von anderen Bausätzen klauen! Nur Ruder und Ruderpinne sind Eigenbau. Die Drehbasse erhielt einen Haltegriff.

 

Der Segler mit dem Einschlag daneben.

Die Figuren der Mahdisten sind aus dem Esci-Satz Muslim Warriors. Dieser ist nur noch schwer zu bekommen. Ich hatte das Glück einen erstehen zu können und noch dazu zu einem moderaten Preis.

Bei dem Diorama habe ich mich zum ersten Mal an eine größere Wasserfläche gewagt. Zuerst habe ich mich im Internet umgesehen, was es zu der Thematik Darstellung von Wasser zu finden gibt und des Weiteren Bilder des Nils bezüglich der Farbgebung des Wassers. Für meine Zwecke benutzte ich ein Verfahren unter zu Hilfenahme von Toilettenpapier und verdünnten Weißleim. In dem Youtube-Beitrag „Oceanwater with realistic Waves“ wird dieses Verfahren detailliert beschrieben, deshalb verweise ich hier auf die dortige Beschreibung. Der Beitrag ist zwar durchweg auf Englisch, aber trotzdem auch ohne besondere Englischkenntnisse gut verständlich.

Der Tiefeneffekt ist auf jeden Fall erreicht.

Es gibt noch viele weitere beschriebene Verfahren. Nicht alle sind immer für das gewünschte Vorhaben anwendbar. Da muss man von Projekt zu Projekt entscheiden.

Bei der Bemalung bin ich etwas anders verfahren als im Video beschrieben. Wie gesagt war das mein erster Versuch in diese Richtung und wie immer tun sich Probleme auf. Bei mir war es der Klarlackauftrag.

Wie im Video zusehen trug ich einen Hochglanz-Klarlack auf, da Wasser ja glänzt und nicht Matt ist. Jetzt überlegte ich mir um noch ein wenig mehr Tiefe zu erreichen, mehrere Schichten aufzutragen. Als erstes zeigte sich das ich die weißen Stellen der Wellenkämme immer etwas Nacharbeiten musste, was noch eigentlich kein Problem darstellte. Alles war gut bis zur letzten (dritten) Lackschicht. Trotz ausreichender Aushärtezeiten hatte der Lack der letzten Schicht plötzlich einen Gelbstich, durch die braune Farbe des Nilwassers ist dies nicht ganz so auffällig, trotzdem hat es mich sehr geärgert.

Hätte das Wasser eine andere Färbung, hätte es das Diorama geschrottet. Ich denke ich muss mit verschiedenen Lacken experimentieren. Ich hatte hier ein Lack auf Lösemittelbasis verwendet, da momentan nichts anderes zu bekommen war. Ich werde mich mal nach Lack auf Wasserbasis umsehen und weiter experimentieren.

Wie gesagt war es der erste Versuch, deshalb habe ich auch die Schiffsmodelle relativ einfach gehalten.

Oh jetzt hätte ich fast etwas vergessen, etwas das ich zum ersten ausprobiert habe, mir aber besonders gut gefällt. Der Einschlag des Kanonengeschosses! Auch hier ging eine etwas langwierigere Internetrecherche voraus. Wieder wurde ich bei Youtube fündig. Ich habe einiges an tollen Bildern entsprechender Dioramen gefunden, aber keine Entstehungsbeschreibungen. In dem dann gefundenen Beitrag wurde speziell ein Einschlag in Wasser beschrieben, allerdings habe ich mir überlegt, dass das Verfahren durch Veränderung in Form und Farbgebung auch noch auf Bodeneinschläge anwendbar wäre. Der Beitrag heisst „How To Make Water Explosion Effects. Part 8 Operation Overlord Diorama“.

Es ist im Grunde recht einfach man benötigt nur Polistyrolstäbe (ich habe Gussastreste verwendet) und handelsübliches Silikon. Schaut euch den Beitrag am besten an. Kann ich wirklich nur empfehlen!

Marcel Ruppach

Veröffentlicht in Werkbank.

Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für die ausführliche Beschreibung und der begleitenden Bilder. Ich war bis zum letzten Satz aufmerksam dabei und hoffe das mit den Einschlägen auch einmal anwenden zu können. Mir persönlich sagt dieser Maßstab nicht unbedingt zu weil die Figuren oft zu pummelig rüberkommen, aber die hier gehen.

    Die Munitionskiste, ist die ein Eigenbau?

    Auf jeden Fall eine schöne Arbeit, danke für die Vorstellung.

    Viele Grüße, Thomas Bauer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert