Gestaltung einer Straßenszene

Ein jeder Modellbauer ist bestrebt, ein möglichst exaktes Abbild der Realität im kleinen Maßstab wiederzugeben. Um Gebäuden und Straßen ein realitätsnahes Aussehen zu verleihen, kommt man nicht dabei herum, diese dementsprechend zu verschmutzen und zu altern. Gerade auf Dioramen, die Szenen aus längst vergangenen Zeiten aufzeigen, sollte man die Spuren, die Wind und Wetter im Laufe der Jahre hinterlassen haben, nicht außer Acht lassen. Die Häuser, Fabrikanlagen und ähnliches, die im Zubehörmarkt zu erhalten sind, haben in der Regel, alle ein Aussehen, als ob sie gerade frisch gebaut worden sind. Auf den folgenden Seiten zeige ich Ihnen, wie sie mit einfachen Hilfsmitteln und ein wenig Geduld, Ihren Gebäuden ein naturgetreues Outfit verleihen. Bei den Gebäuden, an denen ich Ihnen meine Arbeitsweisen vorstellen möchte, handelt es sich größtenteils um Konstruktionen im klassischen Modellbau-Maßstab 1:35. Die Materialien umfassen sowohl Kunststoff, Resin wie auch Gieskeramik. Im Grunde sind aber alle Vorgehensweisen bei der Bemalung auf kleinere Maßstäbe und die unterschiedlichen Ausgangsmaterialien übertragbar. Da ich alle Oberflächen mit einer Grundierung vorbehandel, ist die ursprüngliche Beschaffenheit des Grundmaterials nicht relevant.

Darstellung von Steinfassaden
An steinernen Außenfassaden nagt der Zahn der Zeit ganz besonders. Wind und Wetter machen die Fassaden porös und lassen so kleine Risse und Schäden entstehen. Die ursprüngliche Fassadenfarbe bleicht aus und wird hier und da ausgebessert, so dass Farbunterschiede auf der Gesamtfläche keine Seltenheit sind. Auch dieser Effekt lässt sich leicht an einem Modell simulieren. Als Beispiel dient hier ein Resin-Gebäude des spanischen Herstellers Dejuguettes.

Das Gebäude wurde mit einem Haftgrund aus der Sprühdose vorgrundiert und anschließend mit der Airbrushpistole großflächig bemalt.  Auf den sandfarbenen Grundton trug ich mittels Pinsel eine fast deckende Schicht Hellgelb auf. Diverse Lasur- und Trockenmaldurchgänge ergeben eine realistische Oberflächengestaltung. Ein Lasur-Farbauftrag mit einem wässrigen Schwarzbraun unterstreicht die Kanten und Übergänge und harmonisiert die einzelnen Farbübergänge untereinander.

Um einen gewissen farblichen Kontrast zu erzeugen, bemalte ich die Vorsprünge und Fensterumrandungen mit einem dunklen Grauton.

Mit Hilfe der Airbrushpistole hellte ich mit einem hellen Sandton die größeren verputzten Flächen auf, um den Eindruck vom Ausbleichen durch Sonne und Regen zu simulieren. Auswaschungen und Schmutzspuren wurden mit Hilfe von Pigmenten in der Lasurtechnik aufgebracht. Die grauen Fenstersimse und Balkonvorsprünge erhielten nun einen Trockenmaldurchgang mittels eines hellen Steingraus. Dieses hebt die Kanten hervor und erzeugt eine gewisse Tiefe.

Farbe wirkt erst durch Kontraste – deshalb wählte ich für die Türen und Fenster ein sattes Braun. Mit einem Pinsel bemalte ich alle Details und ließ die Farbe gut durchtrocknen.

Ein Washing mit Schwarz und dunklem Erdbraun erzeugt einen Eindruck von Tiefe und Verschmutzung. Einige Durchgänge mit einem trockenen Borstenpinsel und etwas neapelgelber Ölfarbe betonten die Ecken und Kanten und sorgten für ein homogenes Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Farbtönen – ohne störend zu wirken.

Dachpfannen

Die Grundfarbe des Daches ist ein Bordeaux-Rot mit ein paar Tropfen Schwarz abgedunkelt. Oftmals werde ich nach genauen Farbnummern gefragt, die ich aber eigentlich nicht nennen kann, da ich fast jede Farbe individuell anmische und selten reine Farben verwende. Durch die Behandlung mit Lasuren dunkeln die Farben nach, so dass die Regel gilt, die Grundfarben eher zu hell als zu dunkel einzusetzen. Nachdem alles durchgetrocknet war, kam auch hier wieder ein Lasurauftrag mit Schwarz-Braun zum Einsatz. Die Lasur betont die Kanten und gibt dem Dach ein plastisches Aussehen. Eine Mischung aus Rotbraun und etwas Hellgrau, in der Trockenmalweise aufgebracht, verleiht den Pfannen ein verwittertes Aussehen. Verschiedene Farbpigmente, die von Staubgrau bis hin zu Weiß variieren können, dienen zur Darstellung von Staub und Vogelkot, der sich im Laufe der Jahre auf dem Dach abgelagert hat. Wer schon einmal einen Blick auf alte Dächer geworfen hat, der entdeckt dort auch Moose und anderes Grünzeug, die auf unseren Dächern natürlich nicht fehlen sollten. Etwas Weißleim und ein paar feine Flocken aus dem Eisenbahnzubehör ergeben einen realistisch aussehenden Moosbewuchs. Ein trockener Borstenpinsel und etwas gelbgrüne Ölfarbe und die Illusion ist perfekt.

Abgeplatzte Farbe und Rost

Auch an Metallen hinterlassen die Witterungsverhältnisse ihre Spuren. Farben werden matt, platzen bei Frost weg und der Rost kann ungehindert Einzug halten. Als Bemalungsbeispiel haben wir hier das Balkongeländer. Das gesamte Geländer wurde vorab mit einem dunklen Grün bemalt. Abgeplatzte Farbe simulierte ich mit Acryl-Metallfarbe, die ich mit einem feinen Pinsel vereinzelt auftupfte. Um Rost  darzustellen eignen sich hervorragend die im Handel angebotenen Pigmente. Ein breiiges Gemisch aus solchen Pigmenten und etwas Wasser wird einfach mit einem flachen Pinsel aufgebracht. Hierbei gilt natürlich, dass weniger oft mehr ist. Es sollte nur dort  Rost  zu finden sein, wo er auch beim Original auftauchen würde. Gerade bei kleinen Maßstäben ist mit Rost sehr sparsam umzugehen, da er schnell überproportioniert erscheinen kann. Wie bei allem, macht auch hier die Übung den Meister.

Der kleine Garten mit dem Brunnen gibt noch einen extra Blickfang ab. Der kleine Baum ist aus “Meerschaum-Pflanzen” entstanden und als Laub diente hier geraspelter Oregano, der farblich nachbehandelt wurde.

Darstellung von Kopfsteinpflaster

Widmen wir uns nun den unterschiedlichen Straßenbelägen zu, die auf fast allen Dioramen zu finden sind. Bei historischen Szenerien, bis hin zu Schaustücken aus der Neuzeit, findet man üblicherweise Kopfsteinpflasterstraßen. In den Sortimenten zahlreicher Hersteller sind diese Kopfsteinpflaster in allen möglichen Ausführungen zu erhalten. Eine Grundierung mit Steingrau ist Ausgangsbasis für die weitere Behandlung. Mit der Airbrushpistole habe ich verschiedene graue Farbnuancen auf der gesamten Fläche verteilt.

Ein Washing mit Lasurschwarz erzeugt Tiefe und vermittelt eine erste Plastizität der Steine. Da auch Kopfsteinpflastersteine nicht allesamt die gleiche Farbe aufzeigen, bemale ich mit dem Pinsel die einzelnen Steine in verschiedenen Farbabstufungen, die von Hellgrau über Rotbraun bis hin zu Dunkelgrau variieren können. Einige Trockenmaldurchgänge mit hellem Beige und Grau simulieren die Abnutzung der Steine. Es sollte drauf geachtet werden, dass gerade die Fahrrinnen besonders beansprucht werden und daher einen helleren Ton aufzeigen sollten.

TIPP Wer es auf die Spitze treiben will, der kann noch Ölflecken, Dreck oder Staub auf der Straße großzügig verteilen. An weniger benutzten Stellen kann auch hier und da etwas “Grünzeug” zwischen den Steinen wuchern und so dem Betrachter einen schönen Kontrast bieten.

   

Meine kleine Szene soll während des Spanischen Bürgerkrieges spielen. Das gepanzerte Fahrzeug stammt aus dem Sortiment von Sparta Modellbau und die Figuren kommen allesamt von Nemrod par Historex.

Leere Ecken wurden mit Kisten und Ausrüstungsgegenständen gefüllt.

Fazit:
Die Bemalung einer Stadt oder einer Fabrikanlage kann schon einige Zeit in Anspruch nehmen und man hat das Gefühl, als ob man nie fertig würde. Gerade die kleinen Details lassen die Szene lebendig werden und sollten daher mit viel Sorgfalt bedacht werden. Ich kann immer nur wieder erwähnen, dass man sich die Natur als Vorbild nehmen soll und versucht, sie so weit es geht, zu imitieren.

Joachim Goetz

Veröffentlicht in Werkbank.

8 Kommentare

    • Vielen Dank! Ich freue mich, wenn Sie etwas aus meinen Berichten “herausziehen” können! Dann macht das Verfassen doppelt so viel Spaß!

  1. Was für ein Aufwand! Was für ein Ergebnis! Besser geht wohl kaum!
    Gratulation zu dieser Arbeit!

    Viele Grüße – gemischt mit ein klein wenig Neid!

  2. Hallo Herr Goetz
    Ihre Arbeiten sind nicht nur schön anzusehen, sondern auch motivierend für´s selber machen.
    Gerne nehme ich Dinge von Ihnen auf und versuche es selbst.
    Am Ende hat jeder seine eigenen Methoden, aber anderen über die Schulter schauen ist sehr lehrreich.
    Ihnen schaue ich gerne über die virtuelle Schulter.
    Viele Grüße und schön fleißig bleiben.
    H.-G. Röse

    • Hallo Herr Röse,
      so etwas hört man doch gerne! Und genau dafür soll dieser Blog ja auch dienen! Es sind noch einige Artikel in der Vorbereitung! Lassen Sie sich überraschen!
      Joachim Goetz

  3. Genau solche Artikel motivieren mich nach langen Jahren wieder zu Pinsel und Kleber zu greifen. Mit der Unterstützung der vielen Tips bin ich mir sicher eine schöne Scene gestalten zu können.
    Vielen Dank und gerne mehr !

    • Da freue ich mich aber! Schön, wenn ich Sie wieder dazu animieren kann, sich dem schönsten Hobby der Welt zu widmen! Viel Spaß – und es wird sicher noch vieles mehr kommen!

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