The Tank Museum: Eine Reise nach Bovington • von Christoph Holowaty

Es ist still in der Kuwait-Arena des Panzermuseums Bovington an diesem Morgen. Was auf den ersten Blick wie ein überdimensionierter Hindernisparcours für Reitpferde erscheint, wird sich am darauffolgenden Samstag in ein Schlachtfeld verwandeln. Zum „Tiger Day“ bietet das Tank Museum historische Fahrzeuge auf, um die Erbeutung des ersten Tiger-Panzers 1943 durch britische Truppen nachzustellen.

„Die Stehtribünen sind beim Tiger Day schwarz vor Menschen“, verrät mir Jonathan Beasley, pensionierter Steuerbeamter, passionierter Modellbauer und regelmäßiger Besucher in Bovington. Den legendären Tiger 131, der Stolz des Museums, hat er schon in 1:35 von Dragon gebaut. Er hat außerdem eines der längst ausverkauften Tickets für den „Tiger Day“ ergattert, genau wie ich. Doch bevor der weltweit einzige fahrbereite Tiger I zusammen mit einem Panzer III gegen einen Churchill und einem Stuart anrollt, will ich das anerkannt beste Panzermuseum der Welt in aller Ruhe genießen.
Nach allerlei Modellbauer-Fachsimpelei verabschiede ich mich von Jonathan und steuere das moderne Empfangsgebäude mit seinen rund 300 Kettenfahrzeugen an. Die britische Sammlung ist weltweit die größte ihrer Art. Zwar verfügt das Musée des Blindés im französischen Samur über mehr als 800 Fahrzeuge. Dazu zählen aber gepanzerte Radfahrzeuge, Halbkettenfahrzeuge, Zweiräder und verschiedene Selbstfahrlafetten. Doch es wäre falsch, Bovington nur am Fahrzeugbestand zu messen. Die Architektur der Anlage, die durchdachte Präsentation und die Museumsdidaktik suchen international ihresgleichen, wie ich bald feststellen werde.

The Tank Story: Die Entwicklung der Panzer
Meine Tour starte ich im Erdgeschoss mit der Ausstellung „The Tank Story“. Anhand von 34 berühmten Fahrzeugen werden die Meilensteine der Panzerwaffe vom umgebauten Traktor zur Überwindung der Grabenanlagen des 1. Weltkrieges bis hin zu modernstem Gerät gezeigt. Schon nach wenigen Metern werde ich mit Raritäten und Unikaten konfrontiert. Den Anfang macht „Little Willie“, der auf einem Drehdisplay in Augenhöhe des Publikums rotiert. Der 1915 hergestellte Panzer-Prototyp fiel in der Erprobung durch, führte dann aber zur Entwicklung des legendären „Mark I“. Der Erhaltungszustand ist erstaunlich, da es der skurrile Klotz mit Schießscharten nie aufs Schlachtfeld geschafft hat. „Little Willie“ ist übrigens ein Spott-Name, der auf den deutschen Kaiser Wilhelm abzielt. Ein 3D-gedrucktes 1:35-Modell des „Little Willie“ gibt es in mäßiger Qualität von FC Model Trend. Besser, man greift zum Exklusivmodell, das vom Tank Museum selbst angeboten wird.

Little Willie

In direkter Nachbarschaft stoße ich auf den Mark II. Das Exponat war nie für den Einsatz vorgesehen und deswegen nicht einmal gepanzert, sondern nur für die Ausbildung auf dem Truppenübungsplatz in Bovington vorgesehen. Aufgrund des katastrophalen Mangels an Panzern wurden trotzdem 25 dieser Fahrzeuge im April 1917 bei der Schlacht von Arras eingesetzt. Später wurde er zum Versorgungspanzer umgebaut. Dazu entfernte man die Kanonen, um Platz für Kraftstoff, Öl und Munition zu schaffen. Der Mark II ist der letzte seiner Art – alle anderen wurden verschrottet. So stehe ich vor dem nächsten Unikat: Dem ältesten überlebenden Panzer der Welt, der im Kampf eingesetzt wurde.

Der zunächst schnellste Panzer des 1. Weltkriegs war der Whippet Mark A. Mit zwei Omnibus-Motoren brachte er es auf rund 14 km/h Marschgeschwindigkeit, etwa doppelt so viel wie der Mark II. Das ausgestellte Exemplar ist exzellent erhalten. Die große Fahrerluke ist geöffnet und ich schaue durch einen Plexiglas-Schutz auf den perfekt restaurierten Kampfraum. Für Modellbauer mit Schwerpunkt auf den 1. Weltkrieg ist der Whippet eine echte Sehenswürdigkeit. Es handelt sich um das Original-Fahrzeug mit dem Kampfnamen „Caesar II“. Der Caesar II kam am 29. August 1918 unter dem Kommando von Leutnant Cecil Sewell zum Einsatz. Während der Schlacht sprang der Offizier aus seinem Whippet, um verschüttete Soldaten zu retten. Sewell fiel dabei und wurde posthum mit dem Victoria Cross ausgezeichnet. Der 1:35-Bausatz von Meng bietet dafür die korrekten Markierungen und Schriftzüge.

Whippet

Wie der Whippet war der daneben ausgestellte Renault FT auf Geschwindigkeit ausgelegt. Im Gegensatz zu den mit mindestens 8 Mann besetzten Großpanzern wurde der FT nur mit 2 Soldaten gesteuert. Mit Masseneinsätzen sollte die deutsche Panzerabwehr überrannt werden. Aufgrund der hohen Produktionszahlen ist der Renault FT oft in militärhistorischen Sammlungen zu sehen. Doch das Exemplar in Bovington ist wieder etwas Besonderes. Es ist einer der ersten Prototypen aus dem Jahr 1917. Die NON-PROTEGE-Plakette auf der Vorderseite weist darauf hin, dass die Wanne ungepanzert und aus Baustahl gefertigt ist. Es handelt sich um die Version mit gegossenem Turm und dem 8-mm-Hotchkiss-Maschinengewehr. Meng bietet die Variante als Bausatz in 1:35 an, wahlweise mit MG oder Kanone.

Weiter hinten steht mit dem Vickers Crossley Panzerwagen eines der wenigen Radfahrzeuge des Museums, dass trotzdem ein Meilenstein in der Panzerentwicklung ist.

Das grotesk anmutende Vehikel bewies mit seiner MG-Kuppel erstmals die Wirksamkeit vergleichsweise dünner, aber abgerundeter Panzerung. Die Fahrzeuge wurden am Khyber Pass in Afghanistan von Widerstandskämpfern von oben mit Gewehren beschossen. Die Projektile prallten jedoch wirkungslos am Panzerdom ab. Das Exponat wurde dem Panzermuseum von der pakistanischen Regierung zur Verfügung gestellt. Ursprünglich war es in Nordindien zur Bekämpfung von Aufständen eingesetzt worden und profitierte von einer Geheimwaffe: Die Außenhaut konnte unter Strom gesetzt werden, um Demonstranten vom Erklettern des Panzerwagens abzuhalten. Der japanische Hersteller Pit-Road bietet einen passgenauen Bausatz dazu in 1:35 an. Dabei handelt es sich um die Version der japanischen Marine-Infanterie, die den Vickers Crossley in Shanghai in den 30er Jahren gegen die Chinesen eingesetzt haben. Freunde skurriler Fahrzeuge werden ihre helle Freude daran haben.
Eine Ecke weiter richtet ein Panther G seine 7,5-cm-KwK in den Zwischengang. Zwar gilt der fahrbereite Panther G der Wehrtechnischen Studiensammlung in Koblenz als das am besten erhaltene Sd.KfZ 171 weltweit. Doch der Bovington-Panther wirkt aus gutem Grund wie soeben aus der Fabrikhalle gerollt.

Das Fahrzeug wurde unter Aufsicht englischer Instandsetzungstruppen erst nach Kriegsende in der von den Briten eroberten Maschinenfabrik Niedersachen (MNH) in Hannover gebaut und später erprobt. Dem Schauwert des in Verzerrungstarnanstrich lackierten Ungetüms tut dies freilich keinen Abbruch.
Der Tiger mit der Turmnummer 131 ist der Publikumsmagnet der ganzen Sammlung, doch der wird seit Wochen überholt und fehlt heute in der Ausstellung. Zum Tiger Day soll der einzige noch fahrbereite Panzer dieses Typs zuverlässig funktionieren. Gut, dass ich ein Ticket habe, und das Fahrzeug live erleben werde.

Beginn der Panzerschlacht: The Trench Experience


Die Halle „The Trench Experience“ entpuppt sich als lebensgroßes Diorama zum Durchgehen. Ich wandere zunächst durch englische Stadtkulissen mit reichlich Kriegspropaganda-Plakaten vorbei an einem Anwerbebüro mit strengem Musterungs-Offizier und lande in einem Schützengraben des 1. Weltkriegs. Hier werfe ich einen Blick in die Unterstände mit Wachsfiguren der Soldaten, beobachte durch Periskope das aus historischen Filmaufnahmen zusammengesetzte Kampfgeschehen und begebe mich in den deutschen Grabenabschnitt. Dort rollt ein „Mark I“ über die Linien und versetzt die Landser in Panik. Ich zwänge mich zwischen dem bedrohlich aufragenden Panzerbug und zwei fliehenden deutschen Soldaten vorbei zur Ausstellung „The Tank Men“.


In „The Tank Men“ wählt das Museum die Perspektive der Besatzungen als Aufhänger, um die wichtigsten britischen Panzer des 1. Weltkrieges zu präsentieren. Wieder erstaunt mich der perfekte Erhaltungszustand der Exponate. Zahlreiche Kettenfahrzeuge laden mit geöffneten Luken zur Begehung des Innenraumes ein. Ganze Schulklassen nehmen in den Stahlkolossen Platz und lassen sich von Museumsangestellten den Kampfraum erklären. Fahrzeuge wie etwa der „Mark IV“ sind theoretisch fahrbereit, wurden aber zum Substanzerhalt stillgelegt. Mit dabei ist sogar der „Mark IX“, der erste gepanzerte Truppentransporter der Militärgeschichte. Vor der Kulisse dieser Ungetüme gehen die Vitrinen in der Ausstellung fast unter. Doch hier lohnt sich ein Blick auf persönliche Hinterlassenschaften der damaligen Kriegsteilnehmer. So werden sakral anmutende Panzer-Schnitzereien gezeigt oder der mittelalterlich wirkende Gesichtsschutz, den Panzerleute gegen umherfliegende Splitter trugen.

Skurrile Kriegs-Souvenirs gibt es obendrein: Zum Beispiel der Verlobungsring eines Panzersoldaten, gefertigt aus einem Glassplitter eines zerstörten Winkelspiegels, der dem Bräutigam das Gesicht zerfetzt hatte. Zwischendrin bewundere ich ein Großdiorama in 1:72, das den ersten massiven Panzerangriff der Entente am 20. November 1917 bei Cambrai darstellt. Daneben wird ein Mark-V-Modell der englischen Edel-Modellbau-Schmiede Armortek gezeigt – Anfassen erlaubt. Das Modell im Maßstab 1:6 ist komplett aus Metall gefertigt, wie alle Bausätze des Herstellers. Armortek verspricht maßstabsgerechte Dicke der Panzerplatten und feinste Turm- und Fahrwerksmechanik. Die Preise für die bis zu 140 (!) Kilo schweren Kits haben es dafür in sich. Der Kit des Tiger I kostet fast 5000 Euro. Wenigstens habe ich in Bovington die Gelegenheit, ein solches Luxus-Modell einmal aus der Nähe zu bestaunen.

Von der Kavallerie zur Panzerwaffe

Battle of Arras

In der Halle „Warhorse to Horsepower“ wird der Wandel der Armeen von Pferden zu mechanisierten Einheiten dargestellt. Dort steht der Hornby Tractor, das älteste Exponat in Bovington. Der ursprünglich mit Dampfmaschine ausgestattete Traktor wurde 1911 auf einen Sechszylinder-Motor mit 60 PS umgerüstet. So nahm die Zugmaschine an Testfahrten teil, mit der die militärische Verwendbarkeit des Laufwerks erprobt wurde. Konstruktive Details flossen in die Entwicklung ein, wie etwa beim französischen St. Charmont. Daneben sind zahlreiche Panzer aufgeschnitten und begehbar. Der Besucher kann sich einen Eindruck davon verschaffen, wie schlecht die Sicht aus einem derartigen Fahrzeug damals gewesen ist.

Weiter geht es in die Halle „WW2: War Stories“. Hier wird das Schicksal des Royal Armoured Corps von der Schlacht bei Arras 1940 bis zur Eroberung Deutschlands 1945 anhand der jeweils beteiligten Fahrzeuge gezeigt. Neben Churchill III, Mathilda II und Sherman-Panzern finden sich von deutscher Seite unter anderem Exponate wie der Pz. II Luchs, SdKfz 234/3, Tiger II, Jagdpanther, Kl. Befehlswagen, Hetzer, Sturmgeschütz, Panzer IV und Jagdtiger. Die meisten Fahrzeuge sind in exzellentem Zustand. So wurde der Jagdtiger auf dem Truppenübungsplatz Sennelager kampflos erbeutet. Der Tiger II mit seiner einwandfrei erhaltenen Zimmerit-Beschichtung fiel den Briten in der Normandie nach einem Getriebeschaden in die Hände. Der Jagdpanther gehört wie der Panther G in der ersten Halle zu dem Baulos, das die Engländer nach Kriegsende in Hannover aus Restteilen herstellen ließen. Ein Panzer III Ausf. N ist aufgeschnitten und erlaubt einen Blick in den Kampfraum.

Darüber hinaus finden sich in der Sammlung Raritäten wie Teile des Hamilcar Gliders, mit dem bei der Operation Market Garden Universal Carriers und Tetrarch zum Einsatzort geflogen wurden.

 

Panzer in der Popkultur
Die Ausstellung „Tanks for the Memories“ zeigt, wie Panzer ins öffentliche Bewusstsein getreten sind. Das beginnt mit albern wirkendem Merchandise aus dem 1. Weltkrieg, wie etwa einer Tee-Kanne in Form eines Mark III und endet mit einem Spielplatz für das Computerspiel „World of Tanks“. Dazwischen gibt es Fahrzeuge zu betrachten, wie die chinesische T-54-Variante Type 59. Die Bilder gingen um die Welt, als eine Kolonne dieser Panzer beim Tian’anmen-Massaker 1989 von einem einzelnen Mann gestoppt wurde. Takom, Mini-Art und HobbyBoss bieten Bausätze des Type 59 in 1:35 an. Von Royal gibt es außerdem eine hervorragende Figur des „Tank Men“, so dass man diese Szene nachbauen kann.
Hier darf der Sherman „Fury“ nicht fehlen. Dieser M4A2E8 wurde als Gegenspieler des Tiger 131 im Spielfilm „Fury“ (deutsch: „Herz aus Stahl“) eingesetzt.

Die Kampfszenen sind für Kenner freilich schmerzhaft unrealistisch. Man sollte den Sherman einfach als Hollywood-Kulisse betrachten, auf der Weltstar Brad Pitt herumgeklettert ist. Die Crew gibt es in 1:35 von Bravo 6 mit bemerkenswerter Ähnlichkeit zu den Schauspielern. Italeri liefert den entsprechenden Fahrzeug-Bausatz.
Fast schon Pop-Kultur sind einige Fahrzeuge in der Tamiya-Halle. Dort findet man zum Beispiel den TOG II. Das Fahrzeug wurde nach dem 1. Weltkrieg entwickelt und sollte mit seiner Länge von 10,13 Meter feindliche Gräben überwinden. Mangels feindlicher Gräben im 2. Weltkrieg wurde das Projekt 1944 eingestellt. Zudem ist der monströse Jagdpanzer FV 4005 und der Tortoise zu sehen. Alle diese Panzer haben in der Geschichte der Kettenfahrzeuge keine große Rolle gespielt, wurden aber vor allem durch das Computerspiel „World of Tanks“ bekannt. Den TOG II gibt es aktuell nur als Bauklotz-Bausatz von Cobi. Den Tortoise liefert Meng in 1:35. Den Bausatz des FV 4005 kann man entweder von Amusing Hobby oder von AFV Club erwerben.

Tiger Day: Szenen wie beim Rockfestival

Eine Woche später am 28. September sind fast 5000 Fans sind nach Bovington geströmt, um den letzten fahrbereiten Tiger zu sehen. Fast erinnert der Menschenauflauf an ein Rockfestival. Viele tauchen uniformiert auf, von Reichswehruniformen über Royal Armoured Corps-Kluften bis hin zu Tiger-Fan-T-Shirts ist so gut wie alles vertreten. Vor dem Vehicle Conservation Center, der Wartungs- und Restaurierungshalle, haben Händler und Snack-Verkäufer ihr Lager aufgeschlagen. Weiter in Richtung des Museums reihen sich die Reenactment-Gruppen auf und zeigen Original-Ausrüstung. Mit dabei ist die Truppe „Deutscher Volkssturm“. Neben verschiedenen Panzerfäusten sind echte Raritäten zu sehen, wie Glasminen und ein Einstoß-Flammenwerfer. Die Besucher haben die seltene Gelegenheit, einen Blick in die sonst nur mit Voranmeldung zugängliche Panzer-Restaurierung zu werfen. Hier sind Kettenfahrzeuge aller Generationen dicht an dicht geparkt. Es gibt dort kein Durchkommen, so dass ein Besuch der Galerie genügen muss, um die nicht ausgestellten Schätze des Museums von oben zu bewundern. Mittendrin befindet sich der Nachbau des A7V Schnuck, der meist nur während des „Tankfest“ zu sehen ist.
In der Kuwait-Arena sichern sich Fans die besten Plätze in einer Besessenheit, die an den Kampf um die Badeliegen auf Mallorca erinnert. Im Museum herrscht derweil Hochbetrieb. In der Halle „The Tank Story“ haben Händler einen riesigen Flohmarkt aufgebaut. Das Angebot reicht von Original-Panzerschrott über Merchandise, Modellbau, Spielzeug bis hin zu RC-Panzern. Bei Originalteilen ist die Preislage gehoben.

Ein mäßig gut erhaltener M38-Helm inklusive verfassungsfeindlicher Symbole kostet immerhin 600 Pfund Sterling. Trotzdem lohnt es sich, einfach einmal durch das Angebot zu stöbern. Teilweise werden überraschend gut erhaltene Hefte von Signal oder dem Illustrierten Beobachter angeboten. Jetzt ist endlich auch der Tiger 131 an seinem angestammten Ausstellungsplatz zu sehen. Hier bilden sich Menschentrauben: Das Fahrzeug ist tatsächlich der Publikumsmagnet schlechthin.

Draußen in der Kuwait Arena beginnt das Tiger-Day-Programm. Nach einer Artillerie-Vorführung werden ausgewählte Fahrzeuge vorgefahren und fachkundig erklärt. Mit dabei ist der Sherman „Fury“ und der riesige FV 4005. Später marschieren Reenactment-Truppen auf, die die britischen Truppen und das deutsche Afrika-Korps darstellen. Dann rollen nacheinander ein Churchill, ein Stuart-Panzer und ein Panzer III an, bevor unter dem Jubel des Publikums der Tiger 131 mit quietschenden Ketten vorfährt. Der Moderator erklärt, was am 24. April 1943 am „Point 174“ bei Gueriat el Atach geschah. So wurde der Tiger 131 durch mehrere Treffer von Churchill-Panzern derart schwer beschädigt, dass der Turmkranz blockiert war und die Kanone nicht mehr ausgerichtet werden konnte. Durch eine noch geöffnete Luke drangen zudem Schrapnell-Splitter ins Panzerinnere und verletzten den Ladeschützen. Die Mannschaft bootete deswegen aus. Im Wehrmachtsbericht kam das Team trotz der aussichtslosen Lage nicht gut weg – es war von einer Panikreaktion die Rede.

Inmitten der Menschenmenge treffe ich Jonathan wieder. Er hebt den Daumen und winkt mich herüber. „Wir haben richtig Glück“, sagt er. Denn der Tiger 131, so sagt er, wird nicht mehr ewig fahren. Viele gehen davon aus, dass der jetzt schon über 80 Jahre alte Kampfpanzer innerhalb der nächsten Jahre zum Substanzerhalt endgültig stillgelegt wird. Für das nächste Jahr stehen die Tiger Days aber schon fest: Im Frühling finden die Live-Vorführungen am 26. April und am 20. September statt.

Tipps & Tricks für Ihren Besuch in Bovington

Anfahrt und Unterkunft
Bovington liegt als Truppenstandort weitab von Touristen-Sehenswürdigkeiten mitten im Nirgendwo. Die raren Unterkünfte sind speziell bei Veranstaltungen sofort ausgebucht. Besser ist es, in den Seebädern Poole oder Bournemouth zu übernachten. Von dort aus erreichen Sie Bovington mit dem Mietwagen in einer halben Stunde. Salisbury mit der berühmten Kathedrale und dem benachbarten Weltkulturerbe Stonehenge ist etwa eine Autostunde entfernt. Die Anfahrt von London aus mit dem Auto dauert rund drei Stunden. Es gibt eine Bahnverbindung von London Waterloo, was aber mangels Unterkünften und notwendigem Shuttle-Transfer zwischen Bahnhof und Museum lästig ist. Am besten, man verbindet den Besuch in Bovington mit einer Rundreise durch Devon und Cornwall.

Zeit
Planen Sie mindestens vier Stunden für Ihren Besuch ein. Es gibt ungeheuer viel in Bovington zu sehen: An jeder Ecke findet man interaktive Displays, Video-Vorführungen, Vitrinen mit interessanten Klein-Fundstücken. Außerdem laden zahlreiche Panzer mit geöffneten Klappen zur Begehung ein.

Veranstaltungen
Prüfen Sie vorher, ob Veranstaltungen in Bovington geplant sind. Das „Tankfest“ findet einmal im Jahr statt, der „Tiger Day“ zweimal. Beide Events sind schnell ausverkauft. Darüber hinaus gibt es Gratis-Aktionstage wie z.B. die Bovingtoner Modellbautage.

Verpflegung
Das Essen im Café des Museums ist für englische Verhältnisse akzeptabel und halbwegs bezahlbar. Ausdrücklich gewarnt werden muss vor den Essensständen bei Veranstaltungen. Die Kost ist sogar für robuste Mägen schwer verdaulich und gnadenlos überteuert. Bringen Sie sich lieber selbst Sandwiches mit, wenn Sie beim „Tankfest“ oder beim „Tiger Day“ sind.

Shop
Im Museums-Shop gibt es nichts, was es nicht gibt. Dort können Sie jeden nur erdenklichen Panzer-Kitsch vom T-Shirt über gravierte Whiskygläser, Anscheinswaffen, Panzer-Puschen, Schneekugeln bis hin zum Christbaumschmuck erwerben. Die recht große Modellbau-Abteilung konzentriert sich auf Modelle der Panzer in der Ausstellung. Man kann sogar Dioramen-Material erwerben.

Die Preise liegen rund ein Drittel über denen bei den Berliner Zinnfiguren – es lohnt sich also nicht. Interessanter sind einige schwer zu beschaffende Garagenkits, die in abschließbaren Vitrinen ausgestellt werden. Hier erhalten Sie auf Nachfrage zum Beispiel den „Little Willie“ oder seltene Resinmodelle des „Oberschlesien 1918“. Das Sortiment an Büchern ist ebenfalls umfangreich. Sie erhalten aber fast alles auch bei den Berliner Zinnfiguren, mit Ausnahme einiger Publikationen vom Tank Museum selbst zu bestimmten Anlässen und Restaurierungsprojekten. Trotzdem ist der Shop unbedingt einen Besuch wert, alleine schon, um das skurrile Merchandise zu belächeln.

Kinder
Die Briten gehen recht unbefangen mit kriegspielenden Kindern um, die ausdrücklich im Museum erwünscht sind. Es gibt zahlreiche Betätigungsmöglichkeiten wie Klettergerüste in Panzerform oder Spielzeugsoldaten in Spielecken. Aber man kann den Nachwuchs auch verantwortungsvoller an das Thema heranführen: Zahlreiche interaktive Exponate machen das Museum für Kinder interessant.

Fotografieren
Fotografieren und Filmen ist im Museum grundsätzlich erlaubt und die meisten Fahrzeuge sind rundherum begehbar. Panzeröffnungen sind für Modellbauer nicht ohne Weiteres möglich. Einige Panzer sind mit geöffneten Klappen ausgestellt. Als Objektiv reicht 24 mm in der Start-Brennweite aus.

Veröffentlicht in Museums-Tipp.

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