Mein Freund der Baum

Es gibt kaum eine Szenerie im Modellbau, in der sie nicht passen würden: Bäume! Oftmals wird jedoch davon abgesehen, da gerade im großen Maßstab ab 1:35, der Zubehörmarkt, entweder nichts passendes anbietet oder die Preise für einen realistisch aussehenden Baum ins Unerreichbare rückt! Dieser Workshop soll aufzeigen, mit welchen einfachen und preiswerten Möglichkeiten, ganze Wälder auf unseren Dioramengrundplatten entstehen können.
Die meisten Materialien stammen aus der Natur. Bei einem Spaziergang im nahegelegenen Wald fand ich einige umgestürzte Bäume. Bei genauerer Betrachtung entdeckte ich einige filigrane Wurzeln, die sich ideal zur Verwendung von Modellbäumen eignen. Nach einigen Vergleichen bevorzuge ich die Wurzeln von umgestürzten Fichten und Kiefern.

Nachdem die Wurzeln von allem Erdreich und loser Rinde gereinigt wurden, werden abstehende und zu lange Äste mit der Schere gestuzt.

 

Schritt 1: Die Wurzel wird am Stamm begradigt und auf einen festen Untergrund geklebt. Es empfiehlt sich, die Wurzel so zu befestigen, dass sie von allen Seiten her gut zugänglich ist.

 

Schritt 2: Eine 2-Komponenten-Knetmasse dient als Ausgangsmaterial für die Rinde. Die Masse wird mit einer handelsüblichen Küchenrolle ausgewalzt. Um ein Kleben zu verhindern, sollte die Grundfläche (eine Glas- oder glatte Kunststoffplatte) und die Rolle mit Talkumpuder, das in jeder Apotheke zu erstehen ist, bestäubt werden. Aus der gewalzten Knetmasse werden jetzt passende Stücke mit dem Cutter herausgeschnitten und wie eine zweite Haut um den Stamm und die größeren Äste gelegt

 

Schritt 3: Mit einem Pinsel und klarem Wasser wird die Oberfläche glättetet und in Form gebracht. Feines Modellierwerkzeug eignet sich hervorragend zum Gravieren der rauhen Baumrinde. Ebenso finden hierfür auch alte Pinsel, Zahnstocher und Schaschlickspieße ihre Verwendung. Abschließend forme ich aus den Resten der Knetmasse noch einige „Würste“, aus denen die Wurzeln modelliert und ebenfalls mit einer Rindenstruktur versehen werden.

 

Schritt 4: Nach einer Trocknungsphase von mindestens 24 Std. ist die Masse durchgehärtet und nun können die Löcher für die eingesetzten Äste gebohrt werden.

 

Schritt 5: Um eine detailreiche und feine Verästelung darzustellen, verwende ich „Meerschaum-Äste“, die es im Architektur- und Eisenbahnzubehör in verschieden großen Packungseinheiten gibt. Eine Standardpackung reicht für ca. 3-4 große Bäume. Die einzelnen Äste werden vorsichtig mit etwas Weissleim in die vorgebohrten Löcher geklebt. Nachdem der Leim getrocknet ist, ist der Baum soweit vorbereitet für die Bemalung und Begrünung.

 

Schritt 6. Das gesamte Konstrukt wird nun mit handelsüblicher Haftgrundierung per Spraydose lackiert. Dieses hilft in erster Linie die leicht zerbrechlichen kleinen Ästchen zu stabilisieren und um eine gleichmäßige Oberflächenstruktur zu erzeugen. Außerdem erkennt man nun schon das spätere Aussehen unseres Baumes und man könnte in dieser Phase noch eventuelle Korrekturen vornehmen.

 

Schritt 7: Mit der Airbrushpistole bekommt der Baum nun seinen ersten Farbauftrag in einem dunklen Schwarzbraun. Wer keine Airbrushanlage zur Verfügung hat, kann dieses natürlich auch mit Hilfe von Spraydosen durchführen. Wichtig ist es jedoch, das alle Äste und Verzweigungen einen satten Farbauftrag erhalten, damit man später keine unschönen Stellen am Baum finden kann. Erste Aufhellungen können in dieser Bauphase schon aufgesprüht werden. Ich verwende dafür einen etwas helleren Ton als die braune Basisfarbe.

 

Schritt 8: Nun soll das Geäst sein Laub bekommen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten eine realistische Begrünung zu erzeugen. Ob man sich aus dem Modelleisenbahn-Zubehör (Flockage) bedient, oder sich um natürliche Materialien bemüht ist jedem selbst überlassen. Wer es ganz extravagant liebt, der kann auch lasergeschnittene Blätter verwenden – wobei es sich hierbei natürlich um die kostenintensivste Varianten handelt. Eine kostenlose Möglichkeit, dafür aber etwas mühselig, ist das Aufsammeln von Birkenspritzeln, die gereinigt und getrocknet werden müssen.
Ich habe für mich als Favorit gehaktes Oregano entdeckt. Dieses bekommt man in jedem Supermarkt fein geraspelt für wenige Cents. Die gesamte Baumkrone wird mit Sprühkleber eingenebelt und großzügig mit dem Oregano bestreut. Dieser Vorgang wird 4 bis 5 Mal wiederholt – solange bis sich eine zufriedenstellende “Fülle” eingestellt hat.

 

Schritt 9: Der nächste Schritt ist nun die Bemalung des Laubes. Vorab sollte man sich entscheiden in welcher Jahreszeit man seinen Baum darstellen will. In jeder Jahreszeit sieht das Laub natürlich anders aus. In diesem Fall ist Sommer. Erst wird die gesamte Krone mit einem dunklen Grün eingesprüht. Diverse gelbgrüne und olivgrüne Farbschattierungen geben dem ganzen den nötigen Realismus und Farbkontrast.

 

Schritt 10: Jetzt geht es um die Ausarbeitung der Details. Zahlreiche Washings und Trockenmal-Durchgänge mit verschiedenen Braun- und Grüntönen heben die Rindenstruktur hervor und unterstreichen den Gesamt-Eindruck des Baumes. Damit auch dem Umfeld des kleinen Schaustückes “Leben” eingehaucht wird, habe ich aus einer Mischung mit Erde, Sand, kleinen Steinchen und Weissleim einen Brei angerüht und auf der Dioramengrundplatte aufgetragen. Nachdem alles durchgetrocknet ist, bestreute ich einige Stellen mit Grasflocken, Kieselsteinen und Trockenblumen, die farblich noch ein wenig an die Gesamtszene angepaßt werden. Abschließend befestige ich noch eine Kette mit einem alten Gummireifen an einem trockenen Ast des Baumes und fand im Fundus noch eine alte Figur eines kleinen Jungen von der Fa. Belgo. Kleine Blickfänge, wie der Stacheldraht am Zaun, der aus dem Sortiment von Verlinden stammt, unterstreichen die Wirkung der Szene ungemein.

Veröffentlicht in Werkbank.

5 Kommentare

  1. Sehr anschaulich beschrieben und ein wirklich tolles Ergebnis. Mir persönlich nehmen solch herausragende Exponate auf meinen Mini-Dioramen zu viel Aufmerksamkeit weg von meinen mit wenig Können aber um so mehr Begeisterung erstellten HISTOREX-Soldaten.

    • Vielen Dank! Ein schöner Blickfang lenkt eventuell von den Hauptakteuren ab – kann aber auch das gewisse Extra sein und somit die Gesamtwirkung unterstreichen!

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