Schöne besinnliche Weihnachtszeit – oder eine Nation im Kaufrausch!

Diese kleine Geschichte habe ich schon vor einigen Jahren geschrieben. In einer Zeit, wo noch niemand ahnen konnte, dass einmal Weihnachtsmärkte und Shopping-Zentren aufgrund einer weltweiten Pandemie geschlossen werden würden! Schwelgen wir also ein wenig in den schönen, alten Erinnerungen!

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich mag Weihnachten! Ich liebe diese gemütliche Atmosphäre, wenn es schon früh dunkel wird, die Lichter der Weihnachtsbeleuchtungen angehen und alles in einem feierlichen Glanz erstrahlt! Gerne erinnere ich mich dann an meine Kindertage! Wie schön war es, wenn es langsam draußen kalt wurde und die ersten Schneeflocken fielen. Wir begannen ellenlange Wunschzettel zu schreiben, die mindestens vier bis fünf Mal noch geändert wurden, bis es für den Weihnachtsmann fast schon zu spät war, die ersehnten Geschenke zu besorgen. Weihnachten! Das Fest der Liebe, des Friedens … und das Fest der Hektik, des Stresses und der Kaufrausch-Hysterie!

Wir haben es uns zur Tradition gemacht, dass wir die Adventswochenenden nutzen, um auszuspannen und die heimischen Weihnachtsmärkte zu besuchen. In erster Linie, um etwas essen zu gehen! Fast immer sind 80% der Stände Ess-Buden und daher gibt es eine riesige Auswahl an Leckereien! Wir beschränken uns meistens auf regionale Gerichte, wie Reibekuchen oder Bratwurst. Zur Not geht da noch ein Backfisch, der sicherlich nicht aus den, bei uns vorkommenden Gewässern entnommen wurde, aber dennoch zur Tradition gehört! Mir fehlt dabei aber völlig das Verständnis für mexikanische Nachos oder original spanisches Frittier-Gemüse. Um so etwas zu verspeisen, gehe ich bestimmt nicht auf den Weihnachtsmarkt. Unser erstes Ziel am 1. Advent war der Weihnachtsmarkt in Hagen. Ok, bei 14°C plus und strahlend blauem Himmel, fällt es ein wenig schwer, in Weihnachtsstimmung zu kommen. Im Gegenteil! Ein Glühwein bei fast sommerlichen Temperaturen schmeckt einfach fad! Bei Reibekuchen sieht´s da schon wieder anders aus! Die schmecken auch bei 14 °C! Drei Reibekuchen für satte 3.50 €! Mit ´nem Klecks Apfelmus sogar 4.- €! Das Ganze mal zwei und wir liegen bei unverschämten 8.- € für gerade mal 5 Minuten Essvergnügen! Ich gehöre zu den Menschen, die gerne mal in die Vergangenheit abschweifen und hier ungeschönt in D-Mark umrechnen! 16.- alte Deutsche Mark! 16.-!! Dafür bekommt man locker einen Sack Kartoffeln und ´ne Palette Apfelmus! Egal! Es ist Weihnachten und da sollte der Genuss im Vordergrund stehen! Apropos Genuss! Als kleine Verhaltensregel zum Verzehr von Backfisch: Wenn der Fisch gerade ganz frisch aus der Fritteuse kommt, dann ist er in der Regel mächtig heiß! Es empfiehlt sich, ein klein wenig zu warten, bevor man in die Panade beißt!!! Jetzt weiß ich das auch! Ich musste allerdings dieses Phänomen erst schmerzlich am eigenen Leibe bzw. in der Mundhöhle erfahren! Es stand aber auch nirgendwo auf der Tüte oder der Serviette! Den Besuch auf dem Weihnachtsmarkt nutzen wir auch immer, um die Weihnachtsdekoration für daheim aufzufrischen und auch das eine oder andere Weihnachtsgeschenk zu finden. Mal ehrlich? Hat irgendwer schon einmal ein sinnvolles und nicht extrem überteuertes Geschenk auf einem Weihnachtsmarkt gefunden? Was angeboten wird, sind extra für solche Events maschinell angefertigten Artikel, die in Asien produziert werden und als original handgemachte Christmas-Gifts from Germany verkauft werden! Und wenn man etwas Schönes findet, dann kann man sich fast sicher sein, dass dieses Objekt spätestens am zweiten Weihnachtstag seinen Geist aufgibt! Geplante Obsoleszenz! Denn eins ist sicher: Auch im nächsten Jahr gibt es wieder zahlreiche Möglichkeiten, sinnlosen Tand nachzukaufen!

Den 2. Advent verbrachten wir auf dem Markt in Soest. Dieser Weihnachtsmarkt ist wärmstens zu empfehlen! Nicht nur, dass die Verkaufsbuden inmitten der schönen, fachwerkhäuser-gespickten Altstadt aufgestellt sind, sondern auch wegen des umfangreichen Angebotes der Aussteller. Hier findet man schwedische Wachsprodukte, Christbaumschmuck aus Finnland und Räuchermännchen aus Oberschlesien … auch wenn auf jedem Artikel ein kleiner Aufkleber prangt „Made in China“ … aber wer wird denn gleich so kleinlich sein! Soest war wieder einen Besuch wert! Reibekuchen (sogar etwas günstiger und etwas knuspriger), Backfisch (ohne Verbrennungen im Mund) und heiße Maronen! Mmmh! Lecker! Zudem war es mit rund 11 °C schon merklich kühler als das Wochenende zuvor!

Angegliedert an den Soester Weihnachtsmarkt gab es noch einen interessanten Mittelalter-Markt, wo man Brotbäckern und Schmiedekunstmeistern bei der Arbeit zuschauen konnte! Ich hätte mir beinahe einen kunstvoll geschmiedeten Ritterhelm zugelegt … aber der kopfschüttelnde Blick meiner Liebsten hat´s dann doch vereitelt! Auch das Zweihänder-Schwert fand nicht den Weg ins heimische Wohnzimmer! Vielleicht fand das Argument, dass man das schön, mit einer Lichterkette geschmückt, als Weihnachtsdeko nutzen könnte, keinen allzu großen Anklang!

Am 3. Adventssamstag war ich allein in geheimer Mission unterwegs: Geschenke besorgen! Wer mal richtig Spaß haben will, der muss sich an einem Samstag kurz vor Weihnachten ins Einkaufsgetümmel stürzen! Am besten, ohne vorher genau zu wissen, was man eigentlich haben will! Als Ort des Geschehens suchte ich mir mal wieder den Nachbarort Hagen aus! Ok, den Weihnachtsmarkt hier kannte ich schon, und da ich mir sicher war, dass sich das Sortiment innerhalb der Buden auch nicht wirklich grundlegend geändert haben wird und ich ja auch nicht zum Essen hier war, lies ich den Markt außer Acht! Der erste Weg führte mich in einen Künstlerbedarfsladen, da ich dringend ein paar neue Pinsel benötigte! Die arbeitsfreien Festtage stehen vor der Tür – und da wird sich hoffentlich ein wenig Zeit zum Figurenbemalen finden! Neue Klingen mussten auch her, eine neue Farbpalette, Silikonformen und ein paar Farben. Summa summarum ca. 25 kleine Artikel. Die Schlange an der Kasse war recht lang und man hatte den Eindruck, dass die Leute hier alle schon ordentlich im Stress waren. Keiner hatte wirklich Lust auf Warten! Als ich nun endlich, nach einer gefühlten halben Ewigkeit an der Reihe war, und nachdem ich zum zweiten Mal meine PIN-Nummer eingeben musste (nicht meine Schusseligkeit war daran schuld, sondern das Gerät war wohl irgendwie überfordert) dachte ich mir, ich könnte die Stimmung der angespannten Menschenmenge hinter mir ein wenig auflockern, indem ich süffisant lächelnd zur Künstlerbedarfs-Fachverkäuferin sagte: „Könnten Sie mir das alles bitte als Geschenk verpacken? Einzeln bitte!“ Erstaunlich, wie ruhig es plötzlich in dem Laden wurde. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können …! Die Dame hinter mir, die mit Geschenkpapierrollen beladen war, schaute etwas grimmig und ich hatte den Eindruck, dass da schon etwas Schaum vorm Mund hervortrat, so dass ich kurz einwarf: „Nee, Quatsch, war nur ein Witz – es reicht auch ´ne Tüte!“ Verschmitzt lächelnd verließ ich den Verkaufsbereich, ohne auf das Gemurmel hinter mir zu achten! Noch rummeliger war es im nächsten Geschäft. Eine Buchhandlung! Wenn man kurz die Menschenansammlung in diesem Geschäft überblickte, so wird jeder zweite Deutsche ein Buch unterm Weihnachtsbaum vorfinden! Recht schnell hatte ich gefunden was ich suchte und begab mich in Richtung Kasse! Als ob es hier etwas umsonst geben würde! Menschen, soweit das Auge reicht! Vier Kassen und vor jeder kilometerlange Schlangen! Da ich nur ein Buch in den Händen hielt, kam der „Bitte einpacken“-Witz hier nicht in Frage – zudem waren hinter mir zwei sehr quengelnde Zwillinge, im geschätzten Alter von vier Jahren, die mich extrem nervten, da sie sich ständig zwischen den Leuten durchzwängten und diverse Mitbringsel ihrer genervten Mutti darreichten und diese, nach den eindringlichen Worten: „Gib´s nich! Brauchse nich! Brings wech!“ wieder an ihren angestammten Platz zurückgebracht wurden. Ein großes Lob an die Buchverkäuferinnen, die super entspannt und immer sehr freundlich auch die dümmsten Fragen der Käufer beantworteten und jedem noch ein „Schönes Fest“ mit auf den Weg gaben. Raus aus der belebt-hektischen Fußgängerzone und hinein in die riesige Shopping-Mall! Die leider nicht weniger quirlig war. War es draußen eher das monoton-murmelnde Stimmengewirr, so wurde man hier mit dröhnender Weihnachtsmusik reizüberflutet! Der diesjährige Winterhit ist ohne Zweifel „I will built a snowman!“ Ein Klassiker von … was weiß ich, Frankie Sinatra oder Bingbong Crisbey? Keine Ahnung! Ich kannte diesen Klassiker vorher nicht, aber nach dem Ewig-in-der-Schlange-vor-der-Kasse-stehen, kann man den Text fehlerfrei mitsingen! Macht bei Plus-Temperaturen und fehlendem Schnee aber auch nicht wirklich Sinn!

Mein Weg führte mich dann auch in die Audio- und Video-Abteilung eines großen Elektronik-Artikel-Vertriebes. Um mal wieder zu Kräften zu kommen und die, mitlerweile tiefen Einschnitte in den Händen, bedingt durch die schweren Einkaufstüten (ich werde nie wieder ohne tütentragende Begleitperson Weihnachtseinkäufe besorgen) zu reanimieren, verweilte ich einen Augenblick in der DVD-Neuheiten-Abteilung. Es ist äußerst interessant, mal das Kaufverhalten unserer Mitmenschen zu beobachten. Im Regal stehen unzählige Weihnachtsfilme, wie „Scrooge“ oder „Schöne Bescherung“ … die Klassiker also! Und was wird gekauft? Der neue Terminator, Demonic House und der neueste Horror-Slasher! Schönes friedliches Weihnachtsfest! Ok, ich hatte dann auch einen Actionfilm in der Hand … aber den schauen wir dann halt zwischen den Tagen! Mit weiteren, mächtig schweren Geschenken beladen, ging es dann zum Kassenbereich! Dieser Elektromarkt ist nach amerikanischem Prinzip im Kassensegment aufgebaut! Soll heißen,
es gibt abgesperrte Flächen vor den Kassen! Nix für uns Deutsche! Kasse 1 war proppenvoll, Kasse 2, 3 und 4 dagegen eher leer! Man kam aber durch die Menschenmenge an Kasse 1 nicht durch! Auf die Frage: „Darf ich mal vorbei?“ kam nur: „Eh, nicht vordrängeln! Ich steh schon länger hier!“ Also wieder einmal Zeit verschwenden und warten …! Zwischendurch trifft man Bekannte, die die Floskel: „Eh, was machst Du denn hier?“ wohl als besonders witzig empfinden! „Ich warte auf´n Bus!“ Als wenn man nicht sehen würde, was ich hier mache!!! Da kauft man für lockere, schwerverdiente 200.- € ein – und bekommt noch nicht einmal eine Plastiktüte gratis! Und als Geschenk verpacken wollte mir der, sichtlich genervte Aushilfs-Elektrofachmarkt-Kassenbedienstete, meine erstandenen Einkäufe auch nicht! Servicewüste Deutschland! So langsam hatte ich alles beisammen! Nur ein paar Kleinigkeiten für die Bescherung am Heiligenabend fehlten noch! Und ich wusste auch schon, wo ich diese Dinge bekommen sollte. Nachteil bei der ganzen Sache war nur, die völlig überladenen Plastiktüten die inzwischen höllische Schmerzen im Rücken und in den Händen verursachten! Na klar, ich hätte ja mal zwischendurch die Tüten ins Auto bringen können, aber Zeit ist Geld und der Weg zum Parkhaus nicht unerheblich! Zähne zusammenbeißen und durch! Wer hat gesagt, dass Weihnachts-Shopping schmerzfrei abläuft!!?? Der letzte Laden! Kurz vor dem Ziel! Ein neues Problem! Die gesucht und gefundenen Präsente waren klein und mehrteilig! Wie sollte ich die unbeschadet zur Kasse befördern – ohne freie Hände? Unter Aufbringung der letzten Kräfte und dem Tragen von zwei Tüten mit nur einer Hand, gelang es mir die vier Produkte einhändig zur Kasse zu befördern! Mein wiederum geplanter Stimmungsbrecher wurde hier jäh untergraben, indem mich die Verkäuferin lächelnd fragte: „Als Geschenk verpacken?“! Und auch der schnippische Versuch: „Aber bitte einzeln!!!“ wurde mit einem: „Aber gerne“! zunichte gemacht! Liebend gerne hätte ich hier meine Aggressionen an einem auf frischer Tat ertappten Taschendieb ausgelassen, aber auf die Schnelle habe ich keinen gefunden!!! Erschöpft – aber glücklich saß ich nach vier Stunden Hardcore-X-mas-Shopping entspannt vor dem Kamin und begutachtete die Weihnachtseinkäufe …. solange, bis mir klar wurde, dass ich doch noch zwei, drei oder fünf Geschenke vergessen hatte … aber es ist ja noch nicht aller Tage Abend – und ein Advents-Wochenende haben wir ja noch bis Weihnachten!

Schöne Weihnachten und alles Gute für 2021 !

Joachim Goetz

Veröffentlicht in Allgemein.

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