“Zimmer frei” – ein Hotelgebäude aus Balsafoam

Da hat man eine Idee vor´m geistigen Auge … aber es findet sich nicht das richtige Gebäude im Dioramenzubehör-Markt! Was tun? Na, selbst ist der Modellbauer und kreiert sich halt sein eigenes Gebäude. Vor vielen Jahren fiel mir das Material Balsafoam in die Hände. Dieses Balsafoam wird ursprünglich von Produkt-Designer benutzt, die damit ihre Prototypen herstellen. Es lässt sich wunderbar sägen, feilen und gravieren. Man kann es am ehesten mit den bekannten grünen Blumensteckschwämmen vergleichen – nur ist Balsafoam wesentlich härter! Das Material gibt es als Platten oder Blöcke in drei verschiedenen Härtegraden.

Nach einer groben Skizze wurden die ersten Bauteile sauber ausgesägt und die Fenster herausgeschnitten.

Mit einem Zahnstocher und einer Graviernadel habe ich alle Steine und Absätze eingekratzt! Ein mühseliger Job für “Doofe” – aber notwendig!

Nachdem das Mauerwerk, alle Verzierungen und Fassadenelemente eingeritzt und graviert waren, habe ich das Gebäude mit zahlreichen Details aus dem Zubehörsortiment verschiedener Hersteller ausstaffiert, zusammengeklebt und verspachtelt.

Der kleine Turm ist aus dem Programm von Custom Dioramics – die es leider nicht mehr gibt!

Türen und Fenster stammen aus dem Eisenbahn- und Dioramazubehör-Markt.

Die Dachkonstruktion ist aus Vierkantleisten und Balsaholz entstanden.

Da das Diorama später von allen Seiten einsehbar sein soll, habe ich auch das “Innenleben” des Hauses aufwendig gestaltet.

Auch der Keller wird mitgestaltet.

Vorbehandlung

Nun folgte eine Grundierung des gesamten Bauwerkes mittels eines Haftgrundes per Sprühdose. Hierbei ist es egal, ob es sich um ein Resin, Keramik oder ähnliches Material handelt. Die Grundierung sorgt dafür, dass sich die Poren des Grundmaterials schliessen und kaschiert kleinere Unebenheiten. Nach einer ausreichenden Trockungsphase kann nun mit dem ersten Farbauftrag begonnen werden.

Erste Farbaufträge

Für die Bemalung des Hauses verwendete ich hauptsächlich Acrylfarben. Lediglich für die Betonung der Details kamen Ölfarben zum Einsatz. Bei größeren Flächen  benutze ich gerne eine Airbrushpistole. Der Vorteil bei diesem Verfahren liegt eindeutig darin, dass man schnell einen satten Farbauftrag aufbringen kann und dabei auch die Vertiefungen und Kanten nicht außer acht lässt. So erhalten das Mauerwerk, die Steinfassade und das Dach ihre Grundfarbe. Für die Mauerstruktur diente ein Ziegelrot und für die Steinornamente ein Sandton als Grundton.

Als nächsten Schritt übertünchte ich alle Flächen mit einer wässrigen Lösung Braun-Schwarz. Diese Lasur betont die Vertiefungen und gibt dem Ganzen einen ersten verwitterten Eindruck. Balsafoam, wie auch Giesskeramik haben die Eigenschaft, dass sie wie ein Schwamm die Farbe aufsaugen. Dieser Effekt wird auch durch eine Grundierung nicht wesentlich beeinträchtigt. Der Vorteil ist hierbei, dass die Lasuren in das Material eindringen können und man so mit mehreren dünnen Lasurschichten den gewünschten Effekt erzielen kann.

Herausarbeiten des Mauerwerks

Um dem Mauerwerk ein realistisches Aussehen zu verleihen, sah ich mir verschiedene Mauern und Backsteingebäude in Natura an. Auffällig ist die mannigfaltige Farbgebung der einzelnen Steine, die von Dunkelrot, Hellbraun bis Grau alle Nuancen zeigen. Je bunter desto interessanter. In unregelmäßigen Mustern bemalte ich mit dem Pinsel jeden einzelnen Stein mit verschiedenen Farben. Auch hierbei machte ich mir das „Saugverhalten“ der Oberflächen zu Nutze, sodass jeder Stein, mit mehr oder weniger Farbauftrag, seine eigene Farbe erhielt. Nachdem alle Steine behandelt waren, folgte nun nochmals ein Washing mit Lasur Schwarz-Braun um das Gesamtbild harmonischer zu gestalten. Wichtig ist es bei der Bemalung, der Farbe die Zeit zu geben, dass sie richtig durchtrocknen kann.

Nach einer längeren Pause erhielten alle Steine einen Trockenmaldurchgang mit einem Hellgrau, um die Ecken und Kanten herauszuarbeiten. Kein Stein hält auf dem anderen ohne Fugenmörtel. Um diesen Effekt zu erzeugen, mischte ich aus weissen Pigmenten eine dünnflüssige Lösung an und trug diese mit einem Pinsel in den Mauerfugen auf. Überschüssige Pigmente auf den Steinen verschwischte ich einfach mit einem breiten Pinsel und klarem Wasser. Ein paar Regenspuren mit dunklem Braun ergaben den letzen Schliff und waren auch die Abschlussarbeiten am Mauerwerk.

Steinfassade

An steinernen Aussenfassaden nagt der Zahn der Zeit ganz besonders. Da die Besitzer des Hotels sicherlich andere Sorgen hatten, als sich um den Zustand des Gebäudes zu kümmern, sollte die Fassade einen düsteren und dramatischen Eindruck widerspiegeln. Die einstmals prachtvolle Gestaltung mit Steinfiguren und zahlreichen Ornamenten zeigt deutliche Verwitterungsspuren und Schäden auf. Auf die sandfarbenen Grundtöne trug ich mittels Pinsel eine Schicht dunkles Grau auf. Diverse Lasur- und Trockenmaldurchgänge ergaben eine realistische Öberflächengestaltung. Die Kanten und Ecken der Fassade wurden besonders betont.

Mit Hilfe der Airbushpistole hellte ich jede einzelne Steinplatte gesondert auf, um den Eindruck von Ausbleichen durch Sonne und Regen zu simulieren.

Die beiden Skulpturen im Eingangsbereich, die übrigens ursprünglich aus einem Schiffsbausatz stammen, verwitterte ich aufwändig mit zahlreichen Trockenmaldurchgängen. An den Bruchkanten und dort, wo die Ziegelsteine der Grundmauer sichtbar sind, wurden Regen- und Staubspuren mit Pigmenten und Lasuren aufgebracht.

Dachpfannen

Die Grundfarbe des Daches besteht aus einem Bordeaux-Rot mit ein paar Tropfen Schwarz. Nachdem alles durchgetrocknet war, kam auch hier wieder ein Lasurauftrag mit Schwarz-Braun zum Einsatz. Die Lasur betont die Kanten und gibt dem Dach ein plastisches Aussehen. Eine Mischung aus Rotbraun und etwas Hellgrau in der Trockenmalweise aufgebracht, verleiht den Pfannen ein verwittertes Aussehen. Verschiedene Farbpigmente, die von Staubgrau bis hin zu Weiß variieren können, dienten zur Darstellung von Staub und Vogelkot, der sich im Laufe der Jahre auf dem Dach abgelagert hat. Wer schon Mal  einen Blick auf alte Dächer geworfen hat, der entdeckt dort auch Moose und anderes Grünzeug, dass auf meinem Dach natürlich nicht fehlen sollte. Etwas Weissleim und ein paar feine Flocken aus dem Eisenbahnzubehör ergaben einen realistisch aussehenden Moosbewuchs. Ein trockener Borstenpinsel und etwas gelbgrüne Ölfarbe und die Illusion ist perfekt. Die Dachkonstruktion, die ich aus Balsaholz erstellte, wurde mit einem Schokobraun vorgrundiert und mit einem helleren Braun trockengemalt. An den gebrochenen und aufgesplitterten Enden kam etwas Sandfarbe und Beige zum Einsatz.

Fenster und Türen 

Farbe wirkt erst durch Kontraste! Deshalb wählte ich für die Türen, Jalousien und Balkongeländer ein sattes Grün. Mit einem Pinsel bemalte ich alle Details und ließ die Farbe gut durchtrocknen. Ein Washing mit Schwarz und dunklem Erdbraun erzeugte einen Eindruck von Tiefe und Verschmutzung. Einige Durchgänge mit einem trockenen Borstenpinsel und etwas Gelbgrün betonten die Ecken und Kanten und sorgten für ein homogenes Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Farbtönen – ohne störend zu wirken.

Eine Trockenmalbehandlung mit Neapelgelb lässt das Ganze noch mehr plastisch aussehen.

Hier und da ein paar Grasbüschel lockern das Umfeld schön auf.

Die Backsteine in ihren unterschiedlichen Farbtönen wirken sehr realistisch!

Fast fertig! Nun noch ein paar Details, Figuren und Fahrzeuge …!

… und wie es mit dem Diorama weitergeht erfahren Sie im 2ten Teil!

 

Joachim Goetz

 

 

 

 

 

 

.

 

 

 

Veröffentlicht in Werkbank.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert