Die hohe Kunst der Figuren- und Büstenbemalung

Mittlerweile kann man es nicht mehr abstreiten: Das Figuren- und Büstenbemalen ist zur hohen Kunst avanciert. Und das aus gutem Grund! Wurden noch vor nicht allzu langer Zeit Figuren hauptsächlich bei Panzerdioramen als notwendiges “Beiwerk” betrachtet und der Bemalung derselben nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt, muss man Folgendes klarstellen: Man stößt immer wieder in den Foren auf absolut fabelhaft gebaute Fahrzeuge bzw. Dioramen. Panzer mit allen Ätzteile-Raffinessen etc. und muss dann erschreckt feststellen, dass durch schlecht bemalte Figuren das tollste Diorama oder der fabelhafte “Tiger” oder “Panther ruiniert sind. Bitte mich nicht falsch zu verstehen, aber kürzlich sagte ein Modellbaukollege zu mir, dass er sich einfach nicht an Figuren heranwagt. Und mir ging es vor gut zwanzig Jahren, als ich anfing, Modellbau wirklich ernsthaft zu betreiben, auch nicht anders. Als ich zum Beispiel damals die Dioramen und Figuren von Francois Verlinden sah, verließ mich der Mut und ich war überzeugt, dass ich niemals Figuren oder Büsten auf dem Niveau einer Euromilitaire in Folkestone oder einer anderen internationalen Modellbauausstellung bemalen könnte. Natürlich möchte man das Beste aus seiner Begabung herausholen. Durch meinen Urgroßvater, der Spanschachteln bemalte, habe ich wahrscheinlich ein “Gen” geerbt. Kurzum, der sog. Mutmacher stand mir 2005 auf der Euromilitaire in Person von Mig Jimenez gegenüber. Ich zeigte ihm damals eine 1:16 Figur von Alpine. Es handelte sich um den Panzeroffizier von “Großdeutschland”. Mig gab mir den Rat, unbedingt weiter zu machen. Bei einem meiner Besuche bei den Berliner Zinnfiguren habe ich mir ebenfalls immer gute Ratschläge mit nach Hause genommen. Was für mich wichtig war, dass ich diese Ratschläge nie als Kritik, sondern als “VORschläge” ansah. Und so habe ich in den letzten Jahren immer probiert, probiert und probiert.

Und nun kommen wir endlich zum Wesentlichen:

In den letzten Jahren wurden wir nun wirklich mit Literatur speziell über die Figurenbemalung bestens versorgt. In diesem Falle sind die Berliner Zinnfiguren in der Berliner Knesebeckstraße zu einer wahren Pilgerstätte geworden, die Einem mit Rat und Tat zur Seite stehen. Es sind Publikationen erschienen, die beim Betrachten der bemalten Figuren und Büsten nur positives Kopfschütteln hervorrufen. Und glücklicherweise werden in diesen Nachschlagewerken auch die ungemein wichtigen Schritt-für-Schritt-Methoden aufgezeigt. Namen wie Calvin Tan, Milan Dufek, Kyrill Kanaev, deutsche Künstler wie Günther Sternberg oder Karsten Pöpping (ich bitte um Verzeihung, wenn ich nicht alle nennen kann ) inspirieren stets auf`s Neue. Aber auch die beste Literatur erspart nicht das eigene Ausprobieren, auch wenn dabei manchmal geflucht wird, wenn es nicht gleich hinhaut. Und eine absolut gelungene Hilfe der “Step-by-Step” Bemalung möchte ich hier besprechen .

Es handelt sich um den “Painting Guide” aus der Mr.Black-Reihe und wird von keinem Geringeren als dem hervorragenden Figurenbemalungs-Künstler Sang-Eon Lee, den wir alle von Life-Miniatures kennen, präsentiert. Als Beispiel dient die Büste des deutschen Panzerkommandanten von Life-Miniatures LM-BS 001.

Wenn man diesen Band in den Händen hält und sich das Cover-Bild betrachtet, fällt Einem sofort die hervorragende Verblendung der Farben auf. Lee ist darin wirklich ein absoluter Meister. Und es ist alles andere als einfach, mit Acrylfarben eine derartige Homogenität des Verblendens zu schaffen. Aber mittlerweile bin ich dahintergekommen. Dazu kommen wir aber am Schluß.

Ich kann nur sagen, dass dieses Nachschlagewerk absolut zu empfehen ist. Es besteht aus vier Kapiteln und beginnt, nach einem Vorwort des Herausgebers Stelios Demiras, mit dem Säubern und Verkleben der Büste. Die verwendeten Kleber werden ebenfalls vorgestellt, aber es wird Jeder seine persönlichen Marken verwenden. Es folgen die verschiedenen Pinsel, Verdünner, Schleifpapiere und Sockel. Auch wenn Alles in englischer Sprache gehalten ist, blickt man mit einem normalen Schulenglisch absolut durch.

Auf Fehler, die man bei der Verwendung von Acrylfarben vermeiden sollte, wird ebenfalls sorgsam eingegangen. Von größter Bedeutung sind auf Seite 11 die Licht- und Schatten-Stellen im Gesicht. In Farbtabellen mit Farbnummern der Hersteller werden die verwendeten Farben für die Bemalung des Gesichtes sowie für den Anorak des Kommandanten aufgelistet. Der geneigte Leser sollte sich aber selbst darüber informieren, da es doch etwas umfangreicher angelegt ist.

Doch nun zum Allerwichtigsten: Die Schritt-für-Schritt-Bemalung!

     

Übersichlich dargestellt ist es eine Freude, diese Schritte zu verfolgen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie Sang-Eon Lee diese Homogenität in der Verblendung der Farben erreicht. Ich glaube, dass dies folgendermaßen gelingt: Jede Farbschicht sollte noch etwas feucht sein, bevor man die andere aufbringt. Insbesondere gilt das für die Lichter und die Schatten. Natürlich weiß jetzt jeder, der Figuren bemalt, dass man dies Naß-in Naß-Technik nennt. Aber es bedarf trotzdem eine gewisse Zeit an Übung, bis man diese Vorgehensweise beherrscht. Ebenso sollte man auf die Wahl der Pinsel achten. In diesem Fall sollten sie nicht zu weich und trotzdem nicht zu hart sein. Es ist eine persönliche Entscheidung. Ich werde auf die Pinsel noch in einem Extra-Blog eingehen. Aber bitte, das ist jetzt keine Bevormundung, sondern es besitzt ein jeder seine eigene Technik und das ist gut so. Also absolut zu empfehlen dieses Werk und die Bilder des Panzerkommandanten sind erste Sahne. Laßt Euch inspirieren und probiert und experimentiert, welches Farbmedium für jeden Einzelnen das Beste ist. Wendet Euch an das Team der “Berliner Zinnfiguren”. Es berät erstklassig. Viel Spaß Euch und Dank an meinen Freund Joachim Goetz für seine tolle Blog-Arbeit und natürlich Hans-Günther Scholz und seinem Team der “Berliner Zinnfiguren!”

Viel Erfolg Euch beim Bemalen !

Frithjof Greiner

Das Buch ist erhältlich unter: https://www.zinnfigur.com/Buecher-Medien/Buecher/Modellbau/Figuren/Lee-Sang-Eon-Demiras-Stelios-Painting-Guide-Band-1.html?listtype=search&searchparam=Mr%20Black

Veröffentlicht in Andruck.

4 Kommentare

  1. Ja, der Künstler hat es drauf! – Und auch die zusätzlichen Hinweise und Tipps hinsichtlich Pinselhärte etc. sind sehr nützlich… Dann übe ich mal(en) weiter! 😉

  2. Üben und probieren Sie weiter. Sie werden Ihren eigenen Stil , Ihre eigene Methode sowie Ihr Farbmedium finden. Es braucht halt seine Zeit. Üben Sie, wenn möglich an alten Figuren oder einfachen Büsten ,falls Sie welche zur Hand haben oder sehen Sie sich bei den ” Berliner Zinnfiguren “um. Achten Sie auf gute Beleuchtung. Tageslichtlampen ( Kaltlicht) mit 6000 Kelvin sind ideal. Warmlicht verfälscht die Farben. Wenn ich Ihnen Farben empfehlen kann, dann Vallejo Model-Color . Lassen Sie sich vom Team der Berliner Zinnfiguren beraten. Zur Zeit bemale ich den SS- Gebirgsjäger von Young -Miniatures. Er wird auch im Blog erscheinen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Bemalen und gehen Sie es langsam an .
    Viele Grüße
    Frithjof Greiner

  3. Hi, lieber Herr Greiner,
    das ist ja eine super persönliche Betreuung…. hätte ich jetzt als “Neuling” in diesem Blog so gar nicht erhofft zu erhalten…
    Bin eigentlich ein 1/72-Figuren-Bemaler und “Dioramenbastler”; v. a. wegen Platzgründen etc. … Vor drei Jahren nach über 45 Jahren (!) Pause erst wieder dazu zurückgekehrt. 😉
    Da ich als “Oldtimer” immer noch am liebsten mit Enamel-Farben male, tue ich mich mit wasserbasierten Acryl-Farben sehr schwer… – Soweit ich weiß, bemalt Bill Horan seine Kunstwerke auch nur mit Enamelfarben…. Geht also…. 😉
    Es juckt mir tatsächlich in den Fingern, mit dem Bemalen von Büsten zu beginnen…., obwohl ich Büsten mal nicht so ansprechend fand…
    Herzlichen Dank für das Feedback und beste Grüße
    Markus Firla

  4. Das stimmt ! Bill Horan bemalt seine Figuren ausschließlich mit Enamelfarben, während der Koreaner Douglas Lee ausschließlich mit Ölfarben arbeitet. Sowohl Gesichter als auch Uniformen. Er sagt, er käme nur mit Ölfarben zurecht. Wenn Sie also mit Enamelfarben am besten zurecht kommen, dann bleiben Sie dabei .Entscheidend ist letztendlich immer das Ergebnis . Auch viele japanische Modellbauer bemalen ihre Figuren mit Enamelfarben. Also bleiben Sie dran und freuen Sie sich jedesmal, wenn Sie etwas fertig haben. Man wird von Mal zu Mal besser werden. Viel Glück und Spaß weiterhin.
    Viele Grüße
    Frithjof Greiner

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert